Kritik zu «V Wars»: Eine Serie verschenkt seine gute Ausgangslage (2024)

Zombies und Vampire sind noch immer eine grosse Sache. Das beweisen diverse neue Serien, die alleine in den letzten drei Jahren erschienen sind oder angekündigt wurden. Der neuste Beitrag zu diesem Genre liefert nun Netflix „V Wars“, eine Serie, in der sich Menschen und Vampire offen bekriegen.

Kritik zu «V Wars»: Eine Serie verschenkt seine gute Ausgangslage (1)

Ich habe mir die Serie angesehen, weil ich Vampirserien viel lieber mag, in denen die Menschheit über die Blutsauger Bescheid weiss. Daher habe ich damals „True Blood“ geguckt und später auch „The Strain„. Solche Geschichten bieten um einiges mehr an Konfliktpotential, denn Vampirgeschichten, in denen die Menschen bloss unwissende Opfer sind, gibt es zur Genüge.

Ein alter bekannter im Kampf gegen eine Krankheit

Für die Hauptrolle in V Wars hat sich Netflix Ian Sommerhalder geschnappt. Dieser ist im Fantasy-Genre ein Urgestein und hat in „Vampire Diaries“ bereits Erfahrung mit der Vampirthematik gesammelt. Dieses Mal spielt er allerdings keinen Unsterblichen, sondern den renommierten Doktor Luther Swann. Dieser wird schon bald mit einer Seuche konfrontiert, die Menschen in blutsaugende Monster verwandelt. Um dem Ganzen noch mehr Dramatik zu verleihen, ist ausgerechnet Swanns bester Freund Patient Null und damit natürlich der zukünftige Obervampir. Nebenbei muss der geschiedene Swann auch noch auf seinen Sohn aufpassen, für den er das Sorgerecht hat. Die Ausgangslage bietet also genug Konfliktpotential, um eine spannenden Storybogen aufzugleisen.

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„V Wars“ kommt bereits in den ersten Folgen zur Sache

Der Beginn der Serie ist ziemlich klassisch: Eine Art Prolog-Szene deutet an, dass in der Arktis (oder war’s die Antarktis?) etwas gefunden wurde, das Menschen infiziert und in etwas monströses verwandelt. Bereits drei Folgen später ist die Vampirseuche offen ausgebrochen. Das hat mich tatsächlich überrascht, da solche Serien oft viele Episoden damit verschwenden, zu zeigen, wie versucht wird, den Ausbruch der Seuche zu verhindern.

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Das muss natürlich nicht schlecht sein, denn auch solche eine Erzählweise hat seine Vorteile. Bei „V Wars“ macht Netflix aber schnell klar, dass der Fokus nun mal auf dem „Wars“ liegt und man sich nicht lange mit anderweitigem Geplänkel aufhalten will.

Die Charakterisierung bleibt auf der Strecke

Leider geht bei diesem Tempo die Charakterentwicklung etwas unter. So lernen wir Luther als guten Doktor kennen, der noch an Moral glaubt, während sein bester Freund und Neuvampir Michael Fayne ein Draufgänger ist.

Das ist ja alles schön und gut, aber leider versäumen es die Macher, uns zu erklären, weshalb die Figuren so handeln wie sie es tun. Das hat bei mir oft dafür gesorgt, dass ich Luthers Handlungen nicht wirklich glaubhaft fand. Man fühlt sich dem Charakter einfach nicht verbunden, fiebert nicht mit. Dabei müsste man das eigentlich, immerhin muss Luther sprichwörtlich mehrere brennende Zündschnüre austreten.

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Diese fehlende Empathie hat sich für mich durch die ganze Serie gezogen. Ich konnte mich auf keinen der Charaktere emotional so richtig einlassen – weder habe ich jemanden gemocht, noch gehasst. Aber genau das macht eine gute Charakterisierung aus. Die Figuren müssen irgendetwas in einem auslösen. Sind sie einem egal, haben die Drehbuchautoren das Ziel verfehlt.

Die Handlung verfängt sich in wirren Wendungen

Ein weiterer Punkt, der mich gegen Ende der zehn Folgen immer mehr gestört hat, war die teilweise sinnlose Handlung. Zu Beginn fand ich das Storytelling noch okay, doch spätestens ab der fünften Folge ging es mit der Serie abwärts. Immer mehr Handlungsbögen ergaben einfach überhaupt keinen Sinn und waren nur dazu da, um Spannung zu erzeugen. Leider schaffe ich es dann jeweils nicht, mich einfach mitreissen zu lassen, wenn die Szene zu nichts führt.

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Vor allem, wie Luther sich um seinen Sohn kümmert, ging mir mit der Zeit wirklich extrem auf den Wecker. Nur wenige der Entscheidungen, die Luther für seinen Sohn trifft, sind wirklich nachvollziehbar. Und dann gibt es da ja auch noch die Verschwörung, die so platt ist, dass Fox Mulder sich aus lauter Scham pensionieren lässt. Gegen Ende wursteln sich die Figuren fast schon durch die Story und man hofft einfach, dass es nicht so endet, wie man es vermutet. Leider tut es das dann aber.

Blutig aber nicht gruselig

„V Wars“ macht sehr früh klar, dass es keine Serie für Zartbesaitete ist. Das Blut spritz und die Vampire entsprechen nicht alle dem romantischen Vampirklischee aus der Populärkultur. Viel mehr erinnern sie mit ihrem riesigen Gebiss an die Leviathane aus Supernatural. Leider tun das auch die visuellen Effekte, die zeigen, das Netflix für diese Serie wohl nicht das dickste Sparschwein geopfert hat.

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Im Endeffekt ist „V Wars“ damit zwar stellenweise ziemlich blutig, aber gruselig geht anders. Wenn ein Mensch sich in einen mit Reisszähnen bewaffneten „Blood“ verwandelt, kriegt man einfach keine Gänsehaut, wenn man gleich sieht, dass die hässliche Fratze und die Zähne aus dem Computer sind. Aber auch sonst schafft es die Serie nicht, Horrorelemente so einfliessen zu lassen, dass man sich während des Guckens wirklich in sein Kissen krallt. Hier hat „The Strain“ beispielsweise viel bessere Arbeit geleistet. Fairerweise muss man wohl auch zugeben, dass es schwierig ist, mit Gruselnerd Guillermo del Toro mitzuhalten.

Die positiven Aspekte

Natürlich ist an „V Wars“ nicht alles schlecht. Mir hat vor allem er Ansatz gefallen, dass Vampire für einmal nicht die übernatürlichen Kraftprotze sind, die mit Menschen tun und lassen können, was sie wollen. Vielmehr sind die Vampire die Opfer, werden in Internierungslager gesperrt und müssen erst ihre Identität als neue Spezies finden. Da sind nicht nur Konflikte zwischen Menschen und Vampiren vorprogrammiert, sondern auch unter den jeweiligen Spezies selbst.

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Zwar wirft die Serie fragen wie „Wann ist ein Mensch noch ein Mensch“ oder „Haben Vampire auch Rechte“ auf, geht ihnen schlussendlich aber zu wenig auf den Grund. Auch, dass Vampire trotz ihrer physischen Überlegenheit ein Stück weit machtlos sind, gegenüber den Menschen gefiel mir. Es zeigt auf, das es eben nicht so leicht ist, eine etablierte Maschinerie – in diesem Fall den Staatsapparat der Menschen – auszuhebeln.

Leider geht „V Wars“ am Schluss dann auf diese interessanten Aspekte nur oberflächlich ein, was schlicht eine verschenkte Chance ist. Man stelle sich vor, die Serie hätte sich mehr Zeit genommen und eine Art Coming-of-Age-Story einer neuen Spezies erzählt. Wie sowas geht, hat die neue „Plant der Affen“-Trilogie wundervoll gezeigt.

Fazit zu „V Wars“

Auch wenn ich jetzt sehr viel kritisiert habe, ist „V Wars“ keine totale Bruchlandung. Die Serie hat ein paar gute Ansätze, die aber leider zu schnell verschenkt werden und in einer immer wirreren Story untergehen. Für mich ist die Serie damit etwas, dass man sich nebenbei anschaut, aber keine volle Aufmerksamkeit braucht. Die zweite Staffel werde ich mir wohl nicht anschauen – ausser, sie steigert sich inhaltlich markant.

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